Mönche als Fälschungsexperten
Um den kirchlichen Grundbesitz zu vermehren, machten Mönche und andere Kirchenleute nicht nur Ödland urbar. Sie bedienten sich dazu nicht selten auch der Urkundenfälschung und des gemeinen Betruges.
Trachtete ein Bischof oder Abt danach, seinen Grundbesitz zu vergrößern, so fand sich schon bald im Klosterarchiv eine Pergamenturkunde, ausgestellt von diesem oder jenem Fürsten aus früherer Zeit, der den betreffenden Landstrich dem Kloster vermacht hatte. „Der Mönch Gueron berichtete auf seinem Sterbelager, dass er ganz Frankreich durchzogen habe, um für Klöster und Kirchen falsche Dokumente zu machen“ (E.-H. Schmitz, Die Kirche und das liebe Geld, Münster, S. 83). Das Benediktinerkloster Reichenau galt als berüchtigte Stätte der Urkundenfälschung im süddeutschen Raum (vgl. W. Kammeier, Die Fälschung der deutschen Geschichte, Wolfenbüttel 1979, S. 23 f). Wer die größte aller Fälschungen, die angebliche Übereignung des gesamten Abendlandes durch Konstantin an den Papst (die sog. Konstantinische Schenkung) für unwahr hielt, musste dies oftmals mit dem Tod bezahlen, so z. B. Johannes Dränsdorf in Heidelberg, noch im Jahre 1425, ebenso der Waldenser-Führer Friedrich Reiser in Straßburg 1458 (Herrmann, Kirchenfürsten, S. 51).
Kein Testament ohne Priester
Ein Hauptfaktor für das Anwachsen des kirchlichen Grundbesitzes seit der Antike, besonders aber im Mittelalter, waren Erbschaften. Bereits im vierten Jahrhundert n. Chr. war die Erbschleicherei durch den damaligen Papst Damasus I. (366 bis 384 n. Chr.) so schlimm, dass der Kaiser eingreifen musste. Damasus „tätigte die finstersten Finanzgeschäfte, und sein Luxus war sprichwörtlich. Durch seine Vertrautheit mit den reichen Christinnen profitierte der ‚Ohrenkitzler der Damen‘ derart, dass an ihn 370 ein Kaiseredikt erging, das energisch die Erbschleicherei des Klerus verbot“ (Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Bd. III, S. 496). Schon aus Furcht vor dem Fegefeuer oder Höllenpein vermachten im Mittelalter viele Gläubige der Kirche Teile von Haus und Hof. „Im Lehnswesen war es üblich, dass jeder Grundbesitzer oder Pächter beim Tode etwas der Kirche hinterließ – wer das unterließ, kam in den Verdacht der Ketzerei und erhielt unter Umständen keinen Begräbnisplatz in geweihter Erde. Da nur wenige Laien schreiben konnten, wurde gewöhnlich ein Pfarrer herbeigezogen, wenn ein Testament aufgestellt werden sollte. Papst Alexander III. verfügte 1170, dass kein Testament gültig sei, das nicht in Gegenwart eines Priesters gemacht worden sei; jeder weltliche Notar, der ein Testament aufstellte, ohne dieser Vorschrift zu genügen, sei mit dem Kirchenbann zu bestrafen – und die Kirche beanspruchte für sich das ausschließliche Recht, ein Testament gerichtlich zu bestätigen. Geschenke oder Legate an die Kirche galten als die verlässlichsten Hilfsmittel, um die Leidenszeit im Fegefeuer zu verkürzen“ (Durant, Kulturgeschichte der Menschheit, Bd. 6, S. 454).
Wie meisterhaft die Kirche es verstand, insbesondere reichen Leuten einzureden, dass ihr Seelenheil nur in der Übereignung ihres Erbes an die Kirche liege, beschreibt der Kulturhistoriker Jaque le Goff in seinem Buch Wucherzins und Höllenqualen – Ökonomie und Religion im Mittelalter wie folgt: „Die einzige Möglichkeit des Wucherers (und dazu gehörte so gut wie jeder Kaufmann) das Heil zu erlangen, ist die vollständige Rückzahlung seines Gewinns, da er seinen ganzen Gewinn unrecht erworben hat … Für den Wucherer ist es schwer, seine Sünden wieder gutzumachen, denn Gott vergibt ihm nur, wenn er zurückgibt, was er stahl.“ Dies führte in vielen Fällen dazu, dass reiche Kaufleute etwa Stiftungen machten, die dann im Rahmen der Kirche betrieben wurden und zum Teil bis heute durch ihre reiche Güterausstattung noch funktionieren.
Kinder enterben zugunsten der Kirche
Doch nicht nur das: Um an Erbschaften heranzukommen, scheute die Kirche bereits in der Antike nicht davor zurück, Druck auf Eltern auszuüben, damit diese ihre Kinder enterbten und die Hinterlassenschaft der Kirche gaben. So predigte Kirchenvater Salvian aus Marseille im 5. Jahrhundert: „Wer sein Vermögen seinen Kindern hinterlässt statt der Kirche, handelt gegen den Willen Gottes und gegen seinen eigenen Vorteil. Während er für die irdische Wohlfahrt seiner Kinder Sorge trägt, betrügt er sich um seine eigene Wohlfahrt im Himmel“ (Deschner, S. 504). Für den Hl. Basilius ist „Vorsorge für die Kinder nur ein Vorwand der Habsüchtigen“ (ebenda). All dies führte zwangsläufig zu einem wachsenden Elend ungezählter Familien, was die spätrömischen Kaiser zum Eingreifen veranlasste: „Bereits Valentinian I. (364-375) geht deshalb scharf gegen die Erbschleicher des Klerus vor. 370 verbietet er geistlichen Mönchen, die Häuser der Witwen und Waisen aufzusuchen und erklärt sämtliche Schenkungen und Vermächtnisse von ihnen sowie anderen Treuen, die unter religiösem Vorwand das Opfer erpresserischer Priester werden sollten, für ungültig.“ (Deschner, S. 505). Diese Anordnung wurde jedoch, wie auch spätere Versuche in diese Richtung, bereits zwei Jahrzehnte später wieder aufgehoben. Die Kirche war einfach mächtiger und einflussreicher als der Staat – und „schließlich saugten Staat und Kirche gemeinsam das Volk aus, zogen sie am gleichen Strang“ (Deschner, S. 506). So, wie es heute leider immer noch ist.
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Bald geht es weiter in der Kirchengeschichte…
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Siehe auch:
1. https://muskelkater.wordpress.com/2010/04/21/die-kirche-und-der-mammon-startkapitel/
2. Woher kommt der Reichtum der Kirche: https://muskelkater.wordpress.com/2010/08/06/die-kirche-und-der-mammon-teil-1/
3. Wie die Klöster reich wurden: https://muskelkater.wordpress.com/2010/08/25/die-kirche-und-der-mammon-teil-2/
4. Informationen stammen aus der TimeLife-Buchreihe „Spektrum der Weltgeschichte“, dem Archiv der Württembergischen Landesbibliothek und aus den Büchern von Karlheinz Deschner http://de.wikipedia.org/wiki/Karlheinz_Deschner
5. Homepage KH Deschner: http://www.deschner.info/
6. KH Deschner zum Thema „Missbrauch in der Kirche“: http://hpd.de/node/9114
Oder auch die Kategorie:
https://muskelkater.wordpress.com/category/artikelreihe-verein-kirche/
mit weiteren spannenden Geschichten zum Abenteuer Kirche.
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