Ein Bericht von Thomas Stahlberg von NDR 1 Niedersachsen

Jessica hat bereits fünf Bundespräsidenten erlebt.
Wie alt wird eigentlich eine Kuh? Etwa vier bis sieben Jahre, so lautet die Meinung viele Landwirte. Dass eine Kuh mal eines natürlichen Todes stirbt, sei sehr selten. Der Normalfall sei die Schlachtbank. Anders sieht es bei Jessica aus dem ostfriesischen Spetzerfehn im Landkreis Aurich aus. Sie hat ein geradezu biblisches Alter. Die Kuh ist 20 Jahre alt – ist mittlerweile mehrfache Uroma und im hohen Alter tatsächlich noch mal Mutter geworden.
Das Alter macht sich bemerkbar
Es zwickt ein wenig in den Knochen und es dauert auch ein bisschen, bis sich Jessica aus der Horizontalen in die aufrechte Position gewuchtet hat, wenn denn schon mal Besuch da ist, um zur Geburt des jüngsten Sprosses zu gratulieren. Und dann lässt sie nach den wenigen gequälten Worten der Begrüßung auch gleich anderes fallen, direkt vor die Füße von Landwirt Thorsten Loets: „Ja, jetzt muss sie gerade vom Aufstehen her scheißen. Nach dem Aufstehen geht man zuerst zur Toilette.“
Der Sohn kam aus der Tüte
20 Jahre ist sie, mehrfache Uroma – und nun ist die Alte auch noch junge Mutter. Nun muss man sich nicht vorstellen, dass ein Jungspund der Oma zwecks Vermehrung auf den Pelz rücken musste. Nee – das Erbgut kam aus der Tüte, alles andere wäre zu aufregend für alle Beteiligten gewesen. Dabei sieht man der Rot-Bunten ihr Alter kaum an, das bestätigen die Kollegen Thorsten Loets immer wieder: „Die sieht ja noch rüstig aus – kann man ja gar nicht erkennen, dass die alt ist.“
Der jüngste Spross hat keinen Namen. Nach zwei Wochen werde der kleine Bulle ohnehin abgeholt, da lohne sich kein Name. Aber gerade dem eigenen Namen, dem hat Jessica unter anderem ihr Leben zu verdanken: „Die hat immer gut Milch gegeben und die hat ja einen Namen gekriegt und deswegen haben wir die behalten.“
Wahre Liebe rostet nicht
Benannt ist die Kuh nach einer Jugendfreundin des Landwirts. „Ich hab mit dieser Jessica gesprochen und da sagte sie: Es sei ihr eine Ehre, dass die Kuh noch lebt.“ Und: Die Kuh Jessica hat mittlerweile einen ordentlichen Stammbaum hinterlassen. Während die männliche Nachkommenschaft namenslos blieb und quasi totgeschwiegen wurde, haben die Kühe alle das „J“ am Anfang.
Zwei Jahrzehnte voller Schicksalsschläge
Dass es zwei Janinas und zwei Jaquelines in der Ahnengalerie gibt, liegt nicht daran, dass dem Landwirt die Kuhnamen mit „J“ ausgegangen sind, sondern an den schweren Schicksalsschlägen, die die Kuhmutter erlitt. So landeten nicht wenige Nachfahren in der Wurst. Eine wurde sogar vom Blitz erschlagen, weil sie dem elektrischen Zaun zu nahe kam. So ist das Leben. Nach Kind Nummer 15 ist nun aber Schluss. Ab sofort gibt es das Gnadenbrot für die Kuh Jessica. Die Mutter vom Landwirt, Oma Inge, die möchte jedenfalls nicht tauschen. Schon gut, sagt sie, dass so eine späte Geburt nur bei Kühen möglich ist: „Nein danke, ich bin 70 Jahre, das ist zu alt.“
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Quelle: NDR Ostfriesland – Und sorry, lieber Thomas Stahlberg, dass ich Deinen Artikel einfach so, ohne zu fragen, kopiert habe. Aber ich fand den Bericht so toll geschrieben – alle Achtung -, dass ich es äußerst bedauernswert finden würde, wenn er dem Depublizieren der öffentlich-rechtlichen Anstalten zum Opfer fallen würde. Meinst Du nicht auch?
Danke für das Verständnis.
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