Vater und Sohn im Zwiegespräch
Von Martin Schnakenberg
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Es gibt Familien gleich welcher Art, da finden keine großartigen Gespräche mehr statt. Da wird nur noch belanglos herum gelabert, Hauptsache, man zeigt dem anderen, dass er noch beachtet wird. Wetter, Kleidung, Essen, das sind die Themen, wenn sich mal eine Unterhaltung anbahnt. Ach ja, „Wie geht’s dir?“ hatte ich vergessen. Sonst ist man froh, wenn man in Ruhe gelassen wird, hat man doch da draußen so viele Probleme zu bewältigen.
Dabei spielen sich „da draußen“ wahre Dramen ab, von denen die meisten nie etwas erfahren, weil sie sich, wenn es um Informationsbeschaffung geht, weithin auf BILD-Zeitung/SPIEGEL und TAGESSCHAU/HEUTE-JOURNAL verlassen und dabei nicht wissen, wie verlassen sie dann sind. Auch andere Medien nutzen nicht viel, weil sie in den allermeisten Fällen entweder gekauft sind (gesponsert gegen Entgelt) oder sogar Eigentümer der Meinungsmacher sind, die immer und überall die wahre und ehrliche Unterrichtung verschleiern oder gar ganz unterschlagen, weil es nicht in ihr Konzept passt und auch nicht in dem der Regierenden. Es sind systemkonforme Mediengiganten des Mainstreams geworden, die in Zusammenarbeit mit Regierung, Banken- und Wirtschaftslobby langsam die Grundrechte der Bundesbürger aushöhlen und zwar so, dass der einzelne ehrliche Redakteur oder Journalist es schwer hat, seinen Lesern die Wahrheit nahe zu bringen.
Die einzigen Methoden, sich die Wahrheiten zu besorgen, sind eigene Recherchen in den Print- und/oder Onlinemedien, am besten anderer Länder. Oder man bedient sich dem immer größer werdenden Stamm der Blogger – wobei man ehrlicherweise zugeben muss, dass auch hier Vorsicht geboten ist, weil sich immer mehr radikale und nationalpopulistische Kräfte des Mainstreams einmischen.
Vater und Sohn haben diese Probleme nicht. Sie unterhalten sich über alle Themen, die wichtig für sie sind. Der Vater hat immer Zeit für seinen Sohn, auch wenn er in der Diskussion den Kürzeren ziehen sollte. Aber beide wissen, dass sie aus diesen Geschichten etwas lernen und erfahrener daraus hervor gehen. Dass die Würde des/r Menschen zur Zeit mit Füßen getreten wird, wissen eigentlich auch beide. Nur – der Vater als Beamter des Bundes darf seinen Unmut nicht so offen hervor treten lassen. Und deshalb werden die Gespräche mit seinem Sohn auch immer spannend sein.
Ich wünsche allen ein schönes Wochenende. Aber vorher hören wir mal zu, was die beiden sich zum Thema Würde zu sagen haben:
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SOHN: „Papa?! – Du Papa, Matze hat gesagt, sein Vater hat gesagt, da will er nicht mehr mitmachen!“
VATER legt die Zeitung zur Seite und seufzt: „Kannst du nicht einmal deine Sätze mit voller Erklärung aussprechen?“
SOHN: „Wieso? War das nicht gut?“
VATER: „Nein, das war absolut nicht gut.“
SOHN: „Versteh ich nicht. Ich habe doch deutlich gesagt, dass Matze’s Vater gesagt hat…“
VATER unterbricht: „…dass er da nicht mehr mitmachen will. Wenn du mit so einem Satz in eine frische Diskussion einsteigen willst, musst du auch die Erklärung mitliefern, wo er nicht mehr mitmachen will und warum nicht.“
SOHN: „Wow – langer Satz!“
VATER: „Ja. Im Gegensatz zu dir, der immer mit halben Sätzen kommt.“
SOHN: „Matze’s Vater sagt, wenn alle mal mit ihren halben Idiotien kommen würden, sähe die Welt gleich doppelt so gut aus.“
VATER: „Halbe Idiotien. Wenn ich das schon höre! Der meint doch nur, die Welt käme ohne seine geistigen Ergüsse nicht mehr aus.“
SOHN: „Nö, das nich. Aber ohne Judenstern. Papa, was ist eigentlich ein Judenstern?“
VATER: „Hm, das war in der Zeit des Nationalsozialismus die Zeit, wo alle Juden mit einem gelben Stern auf der Brust gekennzeichnet wurden, damit man sie gleich erkennt.“
SOHN: „Achso. Für Hitler und seine Mörder-SS also sowas wie ’ne Volkszählung, wieviel Nicht-Arier noch vergast werden müssen und…“
VATER unterbricht: „… sag mal, von wem hast du eigentlich seit letzter Zeit diese Ausdrücke?! – Ach ja, von Matze und seinem Vater. Werde wohl mal ein ernstes Wort mit ihm reden müssen.“
SOHN: „Wieso? Wegen der Vergasung und dem Judenstern?“
VATER: „Nein. Wegen der Ausdrücke und der Verbindung von Geschichte und seinen ach so sozialen Ideen!“
SOHN: „Dann musst du dich nicht an ihn, sondern an diese Ursula von-der-Leine-los wenden.“
VATER ärgerlich: „Sag mal, bei dir piept’s wohl! Das ist unsere ehrenwerte Bundesarbeitsministerin Frau Ursula von der Leyen. Ich möchte nicht noch einmal hören, dass du ihren Namen verunglimpfst.“
SOHN empört: „Ach nee, darüber regst du dich auf. Aber was diese Tussi verbricht, seit sie was zu sagen hat, darüber redet man nicht in den besseren Kreisen!!!“
VATER zieht die Augenbrauen hoch und sieht seinen Sohn erstaunt an: „In den besseren Kreisen also. Aha. Und worüber erzählt man sich so … in den nicht so guten Kreisen? Na?“
SOHN: „Über den Judenstern.“
VATER: „Aus der Nazi-Zeit.“
SOHN: „Nee, aus unserer Zeit!“
VATER nimmt die Zeitung wieder auf: „In unserer Zeit gibt es keinen Judenstern. Und es wird auch nie wieder so etwas geben.“
SOHN zornig: „Nee??? – In der anderen Schule am Stadtrand haben sich letzte Woche ein Junge und ein Mädchen aufgehängt, Zwillinge. Sie wollten keinen Judenstern tragen bei der Essensausgabe!“
VATER verwirrt: „Aufgehängt? Essensausgabe? Judenstern tragen?“
SOHN: „Ja. Diese Essensmarke von dieser Tussi der Regierung.“
VATER: „Frau von der Leyen! – Du meinst das Bildungs- und Sozialpaket für notleidende Bürger.“
SOHN: „Sozialpaket, ha! Das ist der Judenstern, hat Matze’s Vater gesagt. Er meinte, damit kennzeichnet man die Kinder von sozial Schwächeren und liefert sie dem Gespött und sogar dem Hass der anderen aus.“
VATER überlegt: „So habe ich das noch nicht gesehen. Aber trotzdem: den Menschen muss doch irgendwie geholfen werden.“
SOHN in sich brummelnd: „Jaja, christlich helfen!“ – Wieder normal: „Die Laientussi ist ja die Tochter eines Pfaffen und das erklärt alles, hat Matze’s Vater gesagt. Genauso wie die Kanzlerin der Reichen, die Ferkel.“
VATER überhört unwirsch die Beleidigungen: „Und diese beiden Kinder …?“
SOHN: „Tot. Mausetot. Die brauchen keine Stütze und keine Rente mehr, hat Matze’s Vater gesagt. Vielleicht war das ja auch so geplant.“
VATER: „Ach Unsinn. Das ist nur wieder seine schmutzige Phantasie. Das klingt ja beinahe so, als wenn er das mit vorsätzlichem Mord vergleichen wolle.“
SOHN zuckt mit den Schultern: „Matze hat gesagt, sein Vater hat gesagt, das wäre gehopst wie gesprungen. Wenn man vom Arbeitsamt eine EINLADUNG (!) bekommt, wo drin steht, dass die Stütze gestrichen wird, wenn man nicht zum diktierten Gesprächstermin erscheint, so ist das ein angekündigter Mordanschlag und nichts anderes, als was Hitler mit den Juden und den Sternen gemacht hat!“
VATER legt die Zeitung erneut weg und winkt seinen Sohn zu sich heran: „Komm mal her zu mir. Ich glaube, wir müssen uns mal ausgiebig über das Thema des 3. Reiches unterhalten. Da gibt es erhebliche Defizite bei dir!“
SOHN schüttelt mit dem Kopf: „Mm-Mm, ich habe in Geschichte aufgepasst. Aber du solltest mal raus gehen und dich mit den Leuten unterhalten. Damit du siehst, wie es außerhalb deines Finanzamtes wirklich zugeht. Das hat mit der Würde eines Menschen überhaupt nichts mehr zu tun!“
VATER schlägt mit der flachen Hand auf die Sessellehne: „Ja verdammt. Was soll ich denn nach Meinung meines Sohnes tun, um seinen Gerechtigkeitssinn, und den von Matze’s Vater, zu unterstützen?!!“
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Kleine Pause, wo jeder seinen Gedanken nachgeht
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SOHN: „Du Papa? Ist das Grundgesetz eigentlich noch gültig?“
VATER: „Na hör mal. Das ist die wichtigste Gesetzessammlung, die wir haben und die Grundlagen unserer freiheitlichen, demokratischen Ordnung. Die kann niemals ungültig werden! – Wie kommst du überhaupt zu diesem Themenwechsel?“
SOHN: „Ist kein Themenwechsel. War nur so am Rande.“
VATER: „Das ist doch keine Frage, die man nur so am Rande stellt. Da steckt bestimmt wieder Matze’s Vater dahinter!“
SOHN: „Nö. Matze sagt, seine Schwester hat gesagt …“
VATER stöhnt: „Nun die auch noch. Kann sich denn nicht mal einer der Familie aus der Politik raus halten?“
SOHN: „Tun sie doch. Die Oma zum Beispiel. Sie sagt, das deutsche Volk hätte im Moment garkeine Regierung, die Hampelmänner und -frauen da in Berlin sind nur für die Reichen und die Bonzen da. Also braucht sie auch auf keinen zu hören.“
VATER lehnt sich zurück und stöhnt noch mehr: „Ach-du-liiiebe-Zeit! – Und Matze’s Schwester schlägt natürlich gleich in die Bresche, indem sie von Würde spricht!?!“
SOHN: „Genau. Matze sagt, seine Schwester hat gesagt“ – er hebt theatralisch den Zeigefinger: – „Die Würde eines Menschen wird bestimmt von der Höhe seines Bankkontos!“
VATER: „Aha. Das würde doch dann im Umkehrschluss bedeuten, dass der, der kein Geld hat, würdelos ist!! – Aber so geht das nicht, mein Sohn. Die Würde eines jeden Menschen steht eindeutig in unserem Grundgesetz beschrieben, sogar als ersten Paragraphen gleich vorne an.“
SOHN: „Jaaa, auf Papier! Papier ist geduldig, hat Matze’s Vater gesagt. Und Matze’s Oma hat dann noch gesagt, dass sie deshalb das Geld von unten nach oben verschieben, um uns die Würde zu nehmen!“
VATER: „Das tun sie doch nicht absichtlich, Herrgottnochmal. Und um der Würde willen erst recht nicht!“
SOHN: „Und was ist mit den Eurofightern für Indien?“
VATER verwirrt: „Was ist mit denen?“
SOHN: „Na, die ADS, oder wie diese Firma heißt, will doch Eurofighter nach Indien verkaufen. Und da hat deren Chef die Regierung wegen Unterstützung bei der Werbung gefragt. Und jetzt bezahlt der Steuerzahler die Werbung für Kriegsgeräte, obwohl das Volk das ablehnt, weil es unter seiner Würde ist, Kriegsgeräte in Krisengebiete zu liefern, sagt Matze’s Schwester. Und … obwohl die Firma einen Gewinn gemacht hat von über 350 Millionen Euro. Stell dir das mal vor! – Dafür hat die Regierung Geld!“
VATER: „Ja okay, da muss ich auch sagen, dass mir das auch nicht gefällt. Wenn das Schule macht, kommt bald jede Firma und macht ihre Produktwerbung auf Kosten der Steuerzahler, also auch mit meinem Geld. – Aber ich verstehe immer noch nicht, was das alles mit der Würde zu tun hat!“
SOHN: „Warte, kommt noch. Ich hab mir da mal was aufgeschrieben.“ – Er kramt einen Zettel aus der Hosentasche hervor. – „So, hier steht: Was passt nicht in diese Aufstellung? 1. Verluste sozialisieren, Gewinne privatisieren, 2. Waffenlieferungen in Krisengebieten, 3. Legalisierung der Steuerflucht, 4. Verweigerung eines Mindestlohnes, 5. Nichtbeachtung der richterlichen Änderung eines wichtigen Wahlgesetzes, 6. Rettungspakete für Banken, 7. Steuererleichterungen für Hoteliers, 8. Zwangsmaßnahmen und Sanktionen bei Hartz4-Empfänger, 9. Verbesserungen der Lebensbedingungen für sozial Schwache, 10. Rettungsschirme für die Verursacher der Finanzkrise. – Na, was glaubst du? Was passt nicht?“
VATER überlegt: „Lies noch mal vor.“ – Sohn wiederholt die 10 Punkte. – „Ich habs: der Mindestlohn ist es, oder das mit Hartz4.“
SOHN: „Falsch. Alle Punkte außer 9 sind Maßnahmen für das Kapital gegen die Nichtbesitzenden. Würdevolle Verbesserungen von Lebensbedingungen für sozial Schwache passen nicht ins Konzept der Lobbyisten-Regierung, hat Matze’s Vater gesagt.“ – Er steckt den Zettel wieder in die Hosentasche. – „Übrigens: Die 10 Euro für’s Rasenmähen hast du mir auch noch nicht gegeben!“
VATER empört: „Aber du kannst bei so einem wichtigen Thema doch nicht plötzlich mit Geld für’s Rasenmähen kommen!“
SOHN: „Wieso nicht? Passt doch zum Thema. Wenn ich das Geld nicht bekomme, kann ich Samstag nicht ausgehen. Und dann kann ich meine Würde an den Hut stecken vor meinen Freunden vor der Disco, wo ich nicht rein kann, weil ich kein Geld habe. – Außerdem hast du Mama auch ihr sauer verdientes Geld abgeknöpft.“
VATER pikiert, empört: „Das habe ich ihr nicht abgeknöpft, sondern wir brauchen es für das neue Auto. Dann müssen andere, private und persönliche, Wünsche erst mal zurück stehen.“
SOHN: „Siehste, das ist die Umverteilung von unten nach oben. Da hat Matze’s Schwester also doch recht gehabt.“
VATER wütend: „Jetzt bleibe mir mit dieser Familie vom Leib, die noch nicht mal ein anständiges Auto haben, um ihre Kinder zur Schule zu bringen. Und wieso hat dieses kleine Miststück schon wieder recht??!!“
SOHN ruhig, aber bestimmt: „Demokratie und Würde beginnen in der Familie und werden vom Kapital von Anfang an bekämpft. Weil nämlich nur die Höhe des Bankkontos entscheidet, wer würdevoll leben darf!“
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Siehe auch die Berichte in Duckhome von Jochen Hoff:
http://www.duckhome.de/tb/archives/9404-Ursula-von-der-Leyen-will-keine-Vernunft-annehmen.html
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AlterKnacker
/ 12. August 2011Du wirst mal wieder ‚raubmordkopiert‘ und zwar vom FIWUS, nur mal so als Ankündigung. *grinZ*
Martin Schnakenberg
/ 12. August 2011🙂 Danke…
h.p.h.
/ 12. August 2011geil, das lese ich immer gerne.
lg. yela