Fragwürdige Freundschaft
Die deutsche Piusbruderschaft hat einen einschlägig bekannten Rechtsextremisten als Referenten für mehrere Vorträge engagiert. Das zeigen Recherchen des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“. Einer der Vorträge ist in der Deutschlandzentrale der Bruderschaft in Stuttgart geplant.
http://www.swr.de/nachrichten/-/id=396/nid=396/did=6271060/apqgql/index.html
Der österreichische Publizist Dr. Walter Marinovic soll unter dem Titel „Überfremdung und Islamisierung Europas“ in dieser Woche mindestens zwei Vorträge halten. Er gilt als einflussreicher Autor und Redner der rechtsextremen Szene in Österreich und Deutschland mit Verbindungen zu DVU und NPD. Professor Eberhard Schockenhoff von der Universität Freiburg, einer der führenden Moraltheologen in Deutschland, sagte gegenüber „Report Mainz“: „Diese Aktivitäten der Piusbruderschaft im deutschen Sprachraum belegen eindeutig ein weltanschauliches Amalgam von faschistischen, ehemals nationalsozialistischen Aussagen. Diese Aussagen führen unter dem Deckmantel der Piusbruderschaft noch ein weiteres Leben und finden öffentliche Verbreitung. Im Grunde ist das ein Fall für den Verfassungsschutz.“
Keine Stellungnahmne der Piusbruderschaft
Die erzkonservative Piusbruderschaft, die in Deutschland bis zu 100 Priester ausgebildet haben soll und auch Schulen betreibt, wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern. Der langjährige Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands in Wien, Dr. Wolfgang Neugebauer, bezeichnete Dr. Marinovic als Publizisten, der „alle Kategorien des Rechtsextremismus“ erfülle. Marinovic ist unter anderem Erstunterzeichner des so genannten „Appell zu Württemberg“ aus dem Jahr 2004. Darin wurde die Einführung der so genannten „Volksgemeinschaft“ gefordert, weil „das materielle, geistige und biologisch-genetische Erbe des deutschen Volkes in noch nie da gewesener Form tödlich bedroht“ sei. Zu den geplanten Vorträgen Marinovics bei den Piusbrüdern sagte der Bonner Politikwissenschaftler Prof. Gerd Langguth: „Die Tatsache, dass im Rahmen der Piusbrüder Rechtsextreme auftreten können, halte ich schon per se für einen Skandal. Insbesondere wenn sie Positionen vertreten, die ja an völkisches Gedankengut erinnern.“
Neue umstrittene Äußerung von Bischof Williamson
Unterdessen wurden neue umstrittene Äußerungen des Holocaust-Leugners Bischof Richard Williamson bekannt. So stellte er im Januar in einem Interview im Internet die Existenz Israels in Frage. Wörtlich sagte er: „Viele Leute glauben, dass der Staat Israel legitim ist. Das heißt nicht, dass er es notwendigerweise ist.“ Williamson hält sich derzeit in London auf. Auf dessen Äußerungen angesprochen, verweigerte die Londoner Piusbruderschaft gegenüber „Report Mainz“ jeglichen Kommentar. Besucher eines Gottesdienstes der dortigen Piusbruderschaft zeigten sich als glühende Verehrer des Holocaust-Leugners: „Williamson ist ein Held“ hieß es. Ein anderer Anhänger sagte „Report Mainz“: „Williamson hat recht mit der Holocaust-Leugnung. Es gibt das Recht auf freie Meinungsäußerung.“
Geheime Gespräche mit dem Vatikan
Nach der Aufhebung der Exkommunikation Williamsons und drei weiterer Bischöfe im vergangenen Jahr führt der Vatikan derzeit geheime Gespräche mit der Piusbrüderschaft über eine Wiedereingliederung in die katholische Kirche. Diese müssten jetzt für „gescheitert“ erklärt werden, fordert der Moraltheologe Prof. Schockenhoff in „Report Mainz“: „Es ist um der Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche willen zu fordern, diese Phase der Ungewissheit baldmöglichst zu beenden und auch von römischer Seite einen klaren Schlussstrich zu ziehen.“
Sendung vom Montag, 19.4.2010 | 21.45 Uhr | Das Erste:
http://www.swr.de/report/-/id=233454/did=6273420/pv=video/nid=233454/wv4ovs/index.html
Inge
/ 20. April 2010Falls diese „Brüder“ eingegliedert werden, kann die katholische Kirche als rechtsextrem bezeichnet werden. Jene Leute, die sowieso den Razzinger Papst in dieser Hinsicht mit Misstrauen beobachten, dürften sich dann bestätigt fühlen. Ihm ist es schliesslich zu verdanken, dass solche Leute noch mehr salonfähig werden, als es sowieso schon der Fall ist.